Schneller als der Wind zu Segeln klingt zunächst als eine sehr gewagte These. Und doch wird das scheinbar unmögliche Phänomen bei Profi-Wettkämpfen wie der Vendeé Globe oder dem Volvo Ocean Race mit Fahrgeschwindigkeiten vom bis zu 2,5-Fachem der Windgeschwindigkeit beobachtet. Was dahinter steckt wollen wir euch im Folgenden erklären.
Der Winkel zwischen Wind und Fahrtrichtung macht den Unterschied
Zunächst gilt es grundsätzlich zu verstehen, dass Boote stets mit dem scheinbaren Wind segeln, sprich mit der Kombination aus wahrem Wind und Fahrtwind. Wird der Fahrtwind größer so wird auch der scheinbare Wind größer.
Um zu verstehen, wie Segelboote schneller als der Wind segeln können, müssen wir uns die Kräfte ansehen, die auf das Boot wirken. Wenn der Wind auf das Segel trifft, erzeugt er eine Kraft, die das Boot nach vorne treibt. Die Luftströmung auf der Luv- und Leeseite des Segels ist unterschiedlich schnell (Venturi Effekt). Durch die stärkere Luftströmung auf der Seite mit dem niedrigeren Luftdruck wird das Segel nach vorne gezogen (Bernoulli-Gleichung). Diese Kraft wird als "Druck des Segels" bezeichnet.
Aber es gibt noch eine andere Kraft. Wenn das Segelboot mit dem Wind in Kontakt kommt, drückt es gegen den Wind, was einen Luftwiderstand erzeugt. Der Luftwiderstand wirkt in die entgegengesetzte Richtung zum Druck des Segels. Wenn das Boot in einem Winkel zur Windrichtung segelt, wird der Luftwiderstand verringert, da er nicht direkt gegen den Wind drückt. Das bedeutet, dass der Druck des Segels das Boot mit einer höheren Geschwindigkeit vorantreiben kann, ohne dass der Luftwiderstand zu viel Widerstand erzeugt. Wenn der Widerstand mit steigender Geschwindigkeit größer als die Antriebskraft wird, ist Schluss.
Dies klappt nur wenn das Boot im schrägen Winkel zum Wind steht, also nicht beim Vorwindkurs. Wenn das Boot in einem Winkel zur Windrichtung segelt, erzeugt es eine Vorwärtskraft, die größer ist als die Rückwärtskraft des Luftwiderstands. Das bedeutet, dass das Boot schneller als der Wind segeln kann. Wenn der Winkel zur Windrichtung kleiner wird, nimmt die Vorwärtskraft ab und der Luftwiderstand nimmt zu, was das Boot langsamer macht.
Wie Segelboote dem Wind davonziehen
Aber es gibt noch weitere Faktoren, die dazu beitragen, dass ein Boot schneller als der Wind segelt. Hier sind einige wichtige Punkte:
All diese Faktoren sind entscheidend, wenn es darum geht, ob ein Boot schneller als der Wind segeln kann. Die richtige Kombination aus Segelform, Anstellwinkel, Größe, Material und Bootsrumpf kann dazu beitragen, dass ein Boot eine höhere Geschwindigkeit erreicht als der Wind selbst. Das Ergebnis ist ein faszinierendes Schauspiel, das Segler und Zuschauer gleichermaßen begeistert.
Leider ist es für die meisten Charteryachten als Verdrängerboote schier unmöglich, schneller als der Wind zu segeln. Bereits eine Geschwindigkeit von nur der Hälfte der Windgeschwindigkeit kann als Erfolg angesehen werden. Der Vorteil im Vergleich zu schnellen Rennyachten besteht jedoch darin, dass die Crew auf diesen Booten nicht auf engstem Raum zusammengepfercht ist und ausreichend Platz auf dem Deck hat, um sich frei zu bewegen und den Blick auf das Meer zu genießen - was auch nicht schlecht ist.
Fazit
Also, um es zusammenzufassen: Segelboote können schneller als der Wind segeln, weil sie den Wind schräg von vorne treffen und den Luftwiderstand verringern, während sie den Druck des Segels erhöhen. Das ist das Geheimnis, das Segelboote zu erstaunlichen Geschwindigkeiten antreiben kann.
Und wenn du das nächste Mal auf einem Segelboot bist, denke daran: Du bist nicht nur von der Schönheit der Natur umgeben, sondern auch von der Faszination der Wissenschaft!